Woran wir glauben: Liebe

Wir glauben an eine Welt, in der sich alle Lebewesen frei entfalten können – getragen von Liebe und Geborgenheit.

In einer solchen Welt würden wir einander helfen, als Kollektiv zu Größerem hinauf zu streben. Zu höheren Bewusstseinsebenen, zu mehr Schönheit in der von uns geschaffenen Umwelt, zu einer wahrhaft gerechten Gesellschaft, zu mehr Gemeinschaftsgefühl und Liebe in unserem Zusammenleben auf dieser Erde.

Was hindert uns daran, die ideale Gesellschaft zu realisieren?

Der Blick nach Außen: Uns stehen alle Mittel zur Verfügung

Wir haben heute ein unglaubliches Level an Wohlstand erreicht. Wir haben die Technologie und die Wissenschaft, die uns viele materielle Hürden haben überwinden lassen. Es könnte uns als Menschheit also gut gehen, so gut wie noch nie.

Aber irgendwie klappt es nicht. Wir schaffen es nicht, den Wohlstand gerecht zu verteilen. Die Schere klafft immer weiter auseinander, selbst hier in Deutschland. Gleichzeitig beuten wir die Erde aus, als gäbe es kein Morgen. Gut geht es uns dabei nicht – im Gegenteil. Die Glücksforschung zeigt, dass die Menschen in der westlichen Welt stetig unglücklicher werden, und Depression, Burnout und allerlei Suchterkrankungen nehmen überall zu. Es wird immer offensichtlicher, dass wir an unserer eigenen Gesellschaft innerlich und äußerlich zugrunde gehen.

Wenn wir also eigentlich alle materiellen Mittel zur Verfügung haben, was hindert uns dann am Aufbau einer besseren Gesellschaft? Der Grund hierfür muss im Innern gesucht werden, in unserer Psyche.

Der Blick nach Innen: Psychologische Ursachen für egoistisches Handeln

Warum handeln wir Menschen egoistisch? Eine gar nicht so einfach zu beantwortende Frage. Es bedarf eines hohen Maßes an Ehrlichkeit zu sich selbst, um den wahren Ursachen von Missgunst, Egoismus und Aggression auf die Schliche zu kommen. Denn häufig enthüllt sich uns ein völlig anderes Bild, sobald wir genau hinschauen. Wo wir anfänglich überzeugt sind, unsere Aggression richte sich gegen die Fehler eines anderen, müssen wir uns irgendwann eingestehen, dass wir im Grunde nur unsere eigenen Ängste zu kompensieren versuchen. So entpuppt sich die aggressive Reaktion auf die abweichende Meinung des Gegenübers schnell als die Angst davor, selbst als dumm da zu stehen. Der kleine Neid gegenüber den Qualitäten Anderer lässt sich als die Angst davor entlarven, selbst nicht gut genug zu sein. Und die Ausgrenzung von “Fremden” aus der Gruppe zeugt im Kern von der Angst, selbst einsam und alleingelassen zu sein. So schmerzlich dieses Geständnis auch ist, sehr viel von unserem Fühlen, Denken und Handeln ist letztendlich auf die Angst vor unserer eigenen Verletzlichkeit zurückzuführen.

Als kleine Gedankenübung: Erinnere dich an eine Situation, die dich in letzter Zeit wütend gemacht hat. Wo liegen die wahren Ursachen für deine Wut? Vielleicht kannst du ein Muster erkennen, wenn du mehrere Situationen durchspielst – führen sie vielleicht alle zur gleichen Kernursache?

Die Angst als negative Triebkraft

Die These von der Angst als besonders starke (negative) Kraft in der menschlichen Psyche ist natürlich keine neue, und die Psychologie hat sie bereits mit der nötigen Theorie untermauert. Ein kurzer Abriss muss hier genügen.

In der Psychologie unterscheidet man zwischen dem Ego und dem (authentischen) Selbst. Das Selbst bezeichnet unseren authentischen Wesenskern, unser spirituelles Selbst oder auch die Seele. Das Ego auf der anderen Seite ist unser Selbstkonzept, die Summe aller Konditionierungen, Erfahrungen und Glaubenssätze darüber, was und wie wir zu sein glauben. Es ist sozusagen unsere persönliche Geschichte, die uns permanent erzählt, wer wir sind, wer die anderen sind, was wir mögen und nicht mögen, was man uns angetan hat und was wir anderen angetan haben.

Das Problem mit dem Ego ist, dass es uns eine Persönlichkeit aufbauen will, die nicht unserem wahren Wesenskern entspricht. Es sucht stets Bestätigung im Außen und will unseren Selbstwert über unsere Erfolge definieren. Es strebt nach Status, Besitzt, Anerkennung und sofortiger Bedürfnisbefriedigung, und es will sich ständig über andere stellen, damit es sich selbst nicht klein fühlen muss. Das erzeugt natürlich Leid, denn wir fühlen uns nicht als ganze und “selbstwerte” Wesen, wenn wir stets nach Bestätigung suchen, anstatt einfach das zu tun, was uns glücklich macht, und darauf zu vertrauen, dass es gut wird.

Aber warum haben wir ein Ego, wenn es doch solch negative Tendenzen hat? Der Grund dafür findet sich, wer hätte das gedacht, in der Angst. Das Ego ist ein psychologischer Schutzmantel, den unsere Psyche als Reaktion auf uns zugefügte Verletzungen in der Vergangenheit aufgebaut hat. Je mehr Verletzungen ein Mensch in der Kindheit erlitten hat, umso stärker ist tendenziell später sein Ego. So führt zu wenig Liebe in der Kindheit beispielsweise zum Anhäufen materieller Werte im Erwachsenenalter – denn das Ego glaubt, wir könnten uns mithilfe materieller Besitztümer die Liebe anderer sichern. Doch auch wenn wir keine oder nur weniger Verletzungen erlitten haben, so gibt es dennoch Ängste, die uns allen innewohnen und aus denen sich das Ego nährt. Diese hat der Psychoanalytiker Fritz Riemann 1961 in seinem Werk “Grundformen der Angst” herausgearbeitet: Die Angst vor Selbstauflösung steht im Gegensatz zur Angst vor Vereinzelung/Einsamkeit, die Angst vor Veränderung bildet den Gegenpol zur Angst vor Stillstand und Freiheitsbegrenzung.

Als kleine Gedankenübung: Welche der vier Grundformen liegt dir am nächsten? Lassen sich vielleicht einige deiner alltäglichen Ängste auf eine der Grundformen zurückführen?

Da das Ego also glaubt, es sei zu unserem Schutz unerlässlich, hat es sich tief in unserer Psyche verankert und lässt uns nicht mehr los. Es gaukelt uns ständig Gefahren vor, auch wenn keine da sind, und zeichnet uns das Bild einer feindlichen Welt, in der wir uns gegen unsere Mitmenschen durchsetzen müssen. Es macht uns zu misstrauischen und sich stets selbst rechtfertigenden Wesen und übt damit großen Einfluss auf unsere täglichen und auch auf weitreichende Entscheidungen aus. Im Grunde aber geht es dem Ego nicht um unsere Sicherheit – es geht ihm einzig und allein um die Erhaltung des von ihm aufgebauten Selbstbildes und damit um seinen eigenen Selbsterhalt.

Wo können wir ansetzen?

Andreas Tenzer hat es sehr schön formuliert:

“Die Welt braucht keine verbissenen Weltverbesserer, sondern Selbstverbesserer, denn jeder, der den spirituellen Imperativ lebt, rettet sich selbst und somit den Teil der Welt, auf den er unmittelbaren Einfluss hat”.

Wir müssen unser Ego kennen, um es überwinden zu können

Das Ego hat noch eine bisher unerwähnte Eigenschaft, und zwar versteckt es sich vor unserem Bewusstsein, denn es will uns glauben machen, seine Imperative seien “objektive” Realität. Es hat auch selbst gar nicht die Fähigkeit, sich selbst zu erkennen – diese Fähigkeit hat nur unser authentisches Selbst. Wir sollten es uns also zur Aufgabe machen, durch genaue und ehrliche Selbstbeobachtung dem Ego auf die Schliche zu kommen und sein Walten aufzudecken.

Welche Glaubenssätze flüstert uns unser Ego ein? Wie oben schon erwähnt beeinflusst das Ego auch unsere Annahmen darüber, wie die Welt ist, oder wie unsere Mitmenschen sind. Diese Annahmen haben wir häufig schon in unserer frühen Kindheit angenommen und sie seither nicht mehr hinterfragt. Eine solche Annahme könnte sein: “Nur wer es im Leben zu etwas gebracht hat, ist etwas wert”, oder auch “der Mensch an sich ist ein egoistisches Wesen – ich muss mich also vor den anderen in Acht nehmen”, oder “Beziehungen sind ohne Leid und Drama nicht zu haben”.

Wir sehen die Welt also durch unsere eigene Ego-Brille – und das ist immer eine sehr negativ getönte, denn das Ego ist von Angst getrieben. Es ist unsere Aufgabe, uns diese Annahmen anzuschauen und uns selbst zu fragen: möchte ich so denken und fühlen? Oder gibt es eine alternative Sichtweise, mit der ich eigentlich viel glücklicher wäre?

Wie sähe die Welt wohl aus, wenn wir alle weniger Ego hätten? Wenn wir uns alle ein bisschen mehr befreien würden von unseren Ängsten, die nach Abgrenzung von den anderen streben?
Wären wir frei von Angst vor Besitzlosigkeit – würden wir dann mehr teilen?
Wären wir frei von Angst vor Einsamkeit – würden wir dann für alle unsere Arme öffnen?
Wären wir frei von Angst vor Enttäuschung – würden wir dann die Liebe in unsere Herzen lassen?
Wären wir frei von Angst vor der Zukunft – würden wir dann den Moment mehr genießen und das Leben feiern?

Die Liebe ist die stärkste Macht des Guten

Das Wort Liebe ist nun schon mehrmals gefallen, und es ist an der Zeit, eine Definition anzubieten. Die Liebe wird hier nicht als die romantische, ja nicht einmal rein als auf Andere bezogenes Gefühl verstanden, sondern als die allumfassende, positive geistige Kraft, die sie in ihrem Wesenskern ist. Die Liebe ist der tief empfundene Wunsch, dass alle Lebewesen – inklusive des eigenen Selbst – glücklich sein mögen. Sie ist in ihrer Natur grenzüberschreitend und “selbstlos” – man müsste eher sagen “ego-los” – in dem Sinne, dass sie uns befähigt, über unser Ego hinauszuwachsen. Sie ermöglicht uns, uns als lebendigen Teil des Ganzen zu fühlen, als eins mit uns Selbst, mit unseren Mitmenschen, mit der Natur, mit dem Universum. Damit ist die Liebe als positiver Gegenpol in der Lage, uns von der Angst zu befreien, die ihren Ur-Kern im geglaubten Getrennt-Sein vom Rest der Welt hat.

Wenn wir also als Kollektiv die Liebe zelebrieren und gemeinsam ein Umfeld erschaffen, in dem die Liebe sich freimütig entfalten kann – dann ist das ein Akt der Veränderung auf psychischer und kosmischer Ebene.

Tust du’s aus Liebe oder tust du’s aus Angst?

Eine wunderbare kleine Alltagshilfe zur Bewusstwerdung findet sich hier auf zeitzuleben.de.

Der Vorschlag ist folgender:
Wenn du eine Entscheidung zu treffen hast, überlege dir für jede der Optionen: Wenn ich mich für diese Option entscheiden würde, würde ich es dann aus Angst oder aus Liebe tun?

  • Falls aus Angst, dann wovor habe ich Angst?
  • Und falls aus Liebe, was liebe ich daran?

Ein Beispiel: Jobwechsel

  • Im aktuellen Job bleiben:
    • Aus Angst: Ich habe Angst vor Veränderung und traue mir nicht zu, in einem neuen Job erfolgreich zu sein.
    • Aus Liebe: Eigentlich liebe ich meinen aktuellen Job und meine Kollegen – ich würde nur wechseln, weil ich denke, es wäre aus Karrieregründen mal Zeit.
  • Den Job wechseln:
    • Aus Angst: Ich fliehe vor einer unangenehmen Situation in meinem aktuellen Job. Woanders ist es bestimmt einfacher.
    • Aus Liebe: Ich habe Lust, etwas neues zu probieren und mich weiter zu entwickeln.

Diese kleine Übung ist perfekt geeignet, um uns in Kontakt mit unserer eigenen psychologischen Dynamik zu bringen. Sicherlich entdecken wir dabei auch hin und wieder das Walten des Egos!

Es hilft auch ungemein, sich diese Fragen in Bezug auf das Handeln Anderer zu stellen. Besonders dann, wenn jemand aus unserer Sicht irrational oder unangebracht handelt, lohnt sich die frage: tut er es vielleicht aus Angst? Welche Angst könnte das sein?

Das Resultat von solcherlei Überlegungen ist häufig, neben dem Erkenntnisgewinn, ein ungeahntes Maß an Mitgefühl für sich selbst und für die Anderen, denn am Ende sitzen wir alle in sehr ähnlichen Booten auf den Meeren unserer sturmgepeitschten Psyche.

Negative Glaubenssätze in Gute verwandeln

Wir haben bereits von den negativen Glaubenssätzen gesprochen, die uns unser Ego einflüstert. Diese Grundannahmen über die Beschaffenheit der Welt bestehen nicht nur in unserem Ego, sondern sie sind auch tief im kollektiven Bewusstsein verankert und bilden teilweise die Grundsteine, auf denen unsere Gesellschaftssysteme aufgebaut sind.

Einige der schädlichsten Glaubenssätze der westlichen kapitalistischen Systeme sind meiner Meinung nach diese vier:

  • Die Welt steht dem Menschen gleichgültig, wenn nicht gar feindselig gegenüber
  • Es gibt nicht genug für alle
  • Der Mensch ist des Menschen Wolf (=ein im Kern egoistisches Wesen)
  • Das Ganze ist so viel wie die Summe seiner Teile

Auf diesen Glaubenssätzen basieren sehr viele andere, die für uns sichtbarer an der Oberfläche liegen. Die gesellschaftliche Akzeptanz für egoistisches Handeln beispielsweise ist in der Annahme begründet, dass es nicht genug für alle gibt – denn der, der nicht zusieht, dass er etwas abbgekommt, geht leer aus. Die Annahme, dass wir uns durch Wissenschaft und Technik die Natur vollends Untertan machen können, ja sie vielleicht sogar mit einer künstlichen Natur ersetzen können, basiert auf dem Gedanken, dass das Ganze sich verstehen und replizieren lässt, wenn wir nur jedes einzelne seiner Teile auseinandergenommen haben. Und so weiter und so fort könnte es gehen.

Diese Annahmen sind keine gute Basis für eine Gesellschaft, denn sie fördern negative Verhaltensweisen. Es ist unsere Aufgabe, diesen negativen Annahmen andere, positivere gegenüberzustellen, damit die Gesellschaft der Zukunft echte Tugenden fördert und belohnt, anstatt sie als verklärte Romantik abzustempeln und müde zu belächeln. Und diese Arbeit am kollektiven Bewusstsein fängt im kleinsten an – bei uns selbst.

Warum wird das funktionieren?

Alles hier dargelegte geht vor allem von einem aus: von einem positiven Menschenbild.

Zunächst einmal sprechen wir hier vom sogenannten “Growth Mindset”, also der annahme, dass wir als Individuen nicht “fest” sind, also gleichbleibend von der Geburt bis zum Tod, sondern dass wir wachsen und uns weiterentwickeln können. Dass Veränderung möglich ist, bereits innerhalb eines einzigen Menschenlebens – vor allem aber über die Generationen hinweg.

Aber es geht um weitaus mehr als das. Der Mensch als bewusstes Wesen hat die ihm angeborene Fähigkeit, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Wir wissen die Richtung also, tief in unserem Innern, schon immer. Es sind unsere negativen psychischen Tendenzen, die uns noch davon abhalten, unser volles Potenzial zum Guten zu realisieren.

“Das Streben jedes sich bewegenden Individuums geht nach Überwindung. Nicht nach Macht” sagte Adler, ein ehemaliger Schüler Freuds, bereits so treffend. Wir alle wünschen uns, unsere negativen Gefühle zu überwinden und glücklich zu sein. Wir alle tragen in uns ein unbändiges Streben hin zur Schönheit, Wahrheit und zur Liebe.

Im Kern ist dieses Streben der Wunsch nach Eins-Werdung. Denn “nur in seiner Vereinigung mit dem Ganzen findet jedes Element der Wirklichkeit nach und nach die Vollendung”. Aber das ist ein Thema für sich und verdient an anderer Stelle weitere Ausführungen.

Gemeinsam für die Liebe

Wir bei Kollektiv Liebe glauben zutiefst an dieses positive Menschenbild. Wir glauben, dass jeder Mensch so gut ist, wie sein Umfeld es ihm erlaubt. Deshalb wollen wir zusammen eine neue Art von Umfeld schaffen, ein Umfeld voller Geborgenheit und Liebe, in dem wir alle unser Potenzial zum Guten, zur Lebensfreude und zur Kreativität entfalten können. Als Kollektiv sind wir in der Lage, positive Energie zu erzeugen und zu vermehren – sie wird nämlich immer größer, je mehr Menschen sie berührt, wie bei einem Schneeballeffekt. Damit zeigen wir der Welt, dass positive Glaubenssätze sehr wohl eine gute Basis für die Gesellschaft sein können. Und dass das Engagement in einer liebevollen Gemeinschaft viel glücklicher macht, als Konsum und Entertainment.

/Anna von Kollektiv Liebe

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